Kanu-Frühling auf der Göttinger Leine: Paddler finden Flaschenpost, Portemonnaie und Biberspuren.
Traumhaftes Wetter, Biberspuren und rundherum das wunderbare Leinetal: Bei ihrer Frühlingsfahrt auf der Leine haben mehr als 40 Kanuten zwischen Göttingen und Northeim einen „perfekten Paddeltag“ genossen.
28 Kilometer stromabwärts, fast immer 50 Zentimeter Wasser unterm Kiel und Sonne satt: 41 Kanuten aus Niedersachsen, Sachsen und Hessen haben am Sonnabend auf der Leine einen perfekten Start in die Paddel-Saison 2019 erlebt. Ihre Tour führte von Göttingen nach Hollenstedt bei Northeim.
Die Strömung ist ganz ordentlich und über dem Wasser liegt an diesem frühen Morgen noch leichter Nebel. Die Lufttemperatur hat noch keine 10 Grad erreicht, das Wasser in der Leine dürfte deutlich kälter sein. Die Paddler schreckt das nicht. „Alles nur eine Frage der Kleidung und Ausrüstung“, sagt Ingrid Möller von Lipinski. Aus Gießen ist sie mit Ihrem Mann Dieter Lipinski nach Göttingen angereist, um an der traditionellen Frühlungsausfahrt des Turn- und Wassersportvereins Göttingen 1861 (TWG) teilzunehmen. Es ist nicht ihre erste Fahrt in diesem Jahr – „wir fahren durch, auch bei minus 17 Grad“, verrät Lipinski.
Ein ganz außergewöhnlichen Saisonstart 2019 konnten die Göttinger Kanuten bei ihrer Ausfahrt auf der Leine bis nach Hollenstedt erleben. Das Wetter und der Wasserstand waren perfekt und die Stimmung der gut 40 Teilnehmer entsprechend gut.
Unterdessen setzen die ersten Paddler ihre schlanken Kanus am Göttinger Sandweg ins Wasser. Am Zulauf der Flüthe in die Leine haben Mitarbeiter des Göttinger Bauhofes die Uferböschung für ihren Einstieg präpariert. „Das erleichtert den Start natürlich enorm“, schwärmt Gerd Bode. Er organisiert die Kanu-Fahrt des TWG. Und die lockt befreundete Paddler aus Peine, Höxter, Hildesheim, Haldersleben, Gießen und Vechta auf die Göttinger Leine.
Johann Busse aus Göttingen ist schon als Kind hier gepaddelt, dennoch ist diese Ausfahrt für ihn eine besondere: Es ist die Jungfernfahrt seines neuen aufblasbaren Kanus, das zusammengefaltet in einen großen Rucksack passt. „Ich bin sehr gespannt“, sagt er selbst. Es soll sicherer auf dem Wasser liegen als herkömmliche Kanus, „aber ich muss natürlich an flachen Stellen mehr auf Steine achten“.
Denn problematische Stellen gibt es einige auf der Tour von Göttingen vorbei an Bovenden, Nörten und Northeim. Dreimal müssen die Paddler ihre Boote per Hand an Stromschnellen und Wehren umsetzen: am Königsbühl, am Parenser Kopf und an der Mühle bei Sudheim.
Dazwischen erleben sie die Leine und ihre Uferbereiche mit einer abwechslungsreichen Struktur: mit der nahen Bebauung in Göttingen, renaturierten Verzweigungen bei Northeim („Weniger erfahrene Paddler sollten sich dort eher rechts halten“, empfiehlt Bode), und mit der typischen Hügellandschaft an den Säumen des Leinetals. Sie entdecken von Bibern umgelegte Bäume, finden zwei Flaschen mit Briefen von Kindern und ein Portemonnaie mit persönlichen Papieren. Die Eigentümerin der Geldbörse ist noch am späten Nachmittag ausfindig gemacht und informiert.
Und sie finden jede Menge Müll. Der bleibt nicht liegen. Denn zum ersten Mal hat Bode die Frühlingsfahrt auch als Umweltschutz-Ausfahrt deklariert. Vor dem Start verteilt er spezielle „Müll-Unrat-Sammel-Säcke“ (MUSS) an die Teilnehmer. Und die fischen während ihrer etwa fünfstündigen Fahrt unter anderem Plastikflaschen, Getränkedosen, Farbdosen und eine Bierkiste aus dem Wasser – passend zum großen XXL-Frühjahrsputz der Stadt Göttingen in der vergangenen Woche.
Ansonsten läuft alles glatt – „niemand ist gekentert“, bilanziert Bode abschließend. Auch Möller von Lipinski schwärmt nach der TWG-Frühligsausfahrt: „Es war einfach wunderbar, ein perfekter Paddeltag bei göttlichem Wetter.“ Die Leine habe sich von ihrer besten Seite und mit ganz vielen Gesichtern gezeigt: „mal schillernd, mal lustig und auch spannend.“
Von Ulrich Schubert Göttinger Tageblatt 9.4.2019
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